Brasilien intensiv

Aus dem Reisetagebuch von Dieter Lippelt
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Samstag, 31. Mai ´08
Die WM 2008 liegt hinter mir, und ich könnte mit dem heutigen Tage eigentlich ganz entspannt die Anschlussreise antreten. Doch die Anspannung der letzten Wochen lässt sich nicht so einfach abschütteln. Die Meisterschaften sind zwar vorbei, das weiß ich, aber sie gehören noch nicht der Vergangenheit an. Der Bus bringt uns zum Flughafen von Rio, vorbei an den Favelas, die wir nach der Ankunft am 23. 5. nur bei Dunkelheit erahnen konnten. Jetzt liegen sie mal rechts, mal links von uns, die Häuser eng aneinander geschmiegt, die Berghänge hinaufkletternd, nicht aus Wellblech oder Pappe, sondern aus rotem Baustein. Idyllisch möchte man meinen, jedoch dort drinnen haust die Armut und mit ihr die Kriminalität. "Geht dort nicht hinein", wurde uns eindringlich gesagt. Nach verspätetem Abflug setzen wir zur Zwischenlandung in São Paulo an. War in Rio noch ein erfrischendes Grün zwischen den Häusern zu erkennen, so starrt uns in der größten Stadt Brasiliens das leblose Betongrau der Hochhäuser und Straßenschluchten entgegen: ein Moloch wie Rio, der andere Regionen leert, die Menschen anzieht und nicht wieder loslässt, Arbeitssuchende aufsaugt, die von der Hoffnung beseelt sind, der Reichtum dieser Stadt möge auch sie von den Fesseln der Armut befreien. Weiter geht es zu den weltberühmten Wasserfällen von Iguaçu. Wir steigen aus dem Flieger und sind entsetzt über den Temperatur-unterschied: aus der tropischen Wärme von Rio in eine empfindliche subtropische Kühle. Wasserfall Morgens wurden hier nur 4°C gemessen. Es regnet leicht, der Himmel ist zugezogen. Der Fotograf hatte sich ein anderes Wetter für dieses Weltkulturerbe gewünscht. Langsam fährt uns ein Bus durch den 2000 km² großen Parque National de Iguaçu, der aus ökologischen Gründen für den privaten Autoverkehr gesperrt ist. Nur so gelingt es, Flora und Fauna vor dem Raubtier Mensch zu schützen, das Schlagen dieses subtropischen Regenwaldes zu verhindern und dadurch zum Klimaschutz beizutragen. Auf beiden Seiten der Straße erhebt sich der Urwald, eine grüne Wand, die keinen Blick in das Eigenleben zulässt. Und urplötzlich sind sie da, die Cataratas do Iguaçu. Aus einer Höhe von bis zu 82 m und auf einer Länge von 2,7 km schießen gigantische Wassermassen hinab, die flussabwärts den Iguaçu-Stausee bilden, der die 2 ½ fache Wassermenge des Bodensees aufweist. "Durch das Kraftwerk von Itaipú", erklärt uns die brasilianische Reiseleiterin, "werden somit 40% des brasilianischen Energiebedarfs gedeckt". Ich versuche dieses Naturschauspiel mit allen Sinnen zu erfassen, mich einmal von der mir gewohnten geografischen Analyse zu lösen. Es gelingt mir nur teilweise. Mir wird klar, wie sich hier die Natur von Sekunde zu Sekunde verändert. Abtragung und Anlagerung sorgen für eine stets sich verändernde Wasserführung, die sich auch auf die Anzahl der Wasserfälle auswirkt. Nur einmal reißt die Wolkendecke für eine kurze Zeit auf. Mit dem belebenden Licht wird das Schauspiel noch imposanter, dessen szenische Vielfalt ich mit der Kamera einzufangen versuche.

Sonntag, 1. Juni ´08
Heute geht es per Bus nach Argentinien. An der Grenze wird jedem deutlich, dass hier keine europäischen Verhältnisse herrschen. Schlagbaum, Zollkontrolle, Ausfüllen eines Einreiseformulars, Stempeln der Pässe, unsere Reiseleiterin erledigt für uns die sich in die Länge ziehenden Formalitäten. Schließlich dürfen wir hinüber. An einem großen Parkplatz endet die Busfahrt. Zuerst zu Fuß und schließlich mit einer Kleinbahn, für deren Gleisanlage eine Schneise durch den Urwald geschlagen wurde, erreichen wir die Wasserfälle. Die Teufelsschlucht (Garganta del Diablo) ist das Herzstück der auf argentinischer Seite liegenden Wasserfälle. Seitlich über uns stürzen 13 000 m³ Wasser pro Sekunde in die Tiefe, schäumen auf, bilden einen undurchsichtigen Vorhang. Zerstäubtes Wasser erfüllt die Luft. Das unentwegte Tosen und Rauschen dieser Urgewalten nimmt uns gefangen, behindert die sprachliche Verständigung, lässt uns - fast andächtig - vor Bewunderung und Ehrfurcht erstarren. Die Folgen des Hochwassers von 2005, das 14 mal soviel Wasser brachte wie in durchschnittlichen Jahren und Brücken und Stege zerstörte, deren Skelette noch sichtbar sind, machen uns in eindrucksvoller Weise deutlich, wie klein und unbedeutend der Mensch angesichts dieser Naturgewalten ist.

Montag, 2. Juni ´08
Der Wecker reißt uns aus den Träumen; mein Bettnachbar und ich stöhnen: es ist 02 Uhr 45. Nach kurzer Besinnung erinnern wir uns an den heutigen Terminplan: Abfahrt vom Hotel um 4 Uhr, Abflug nach Curitiba um 6 Uhr, gegen Mittag Ankunft in Brasilia. Wer im Flughafen bei der Nachricht, die Maschine starte mit einstündiger Verspätung, über die Unpünktlichkeit in diesem Lande noch lamentiert, ist in Brasilien noch nicht wirklich angekommen. Zeit muss man schon mitbringen. Ich erinnere mich an Jules Vernes "In 84 Tagen um die Welt", als dem gestressten Protagonisten in der Einöde gesagt wird "On part quand on part et on arrive quand on arrive" (Wir starten, wenn wir starten, und wir kommen an, wenn wir ankommen). Diesen Gleichmut muss man auch hier besitzen. Beim Anflug auf Brasilia wird mir deutlich, dass beim Bau dieser Retortenstadt in der Savanne - im Gegensatz zu Iguaçu - der Mensch die Natur besiegt hat. Die ordnende Hand des Stadtplaners ist aus der Vogelperspektive unschwer zu erkennen: rechteckige Anlagen der Wohn- und Einkaufsviertel, die Konzentration der Ministerien, die mehrspurigen, breiten und kreuzungsfreien Straßen sowie die Großzügigkeit der der Erholung dienenden Parkanlagen. Schade, dass bei der anschließenden Stadtrundfahrt die Zeit so drängt! Schon zu Hause hatte ich mir vorgenommen, die Vielfalt der architektonischen Formen, die Oscar Niemeyer kreiert hat, fotografisch einzufangen, ist doch Brasilia ein El Dorado für diejenigen, die sich für moderne Architektur interessieren. Dieses Vorhaben muss ich nun auf ein Minimum reduzieren. Der Abend ist den kulinarischen Genüssen in einer Churrascaria vorbehalten, ehe wir nach einer Fahrt durch das stilvoll beleuchtete Brasilia das Hotel erreichen.
brasilia

Dienstag, 3. Juni ´08
Vor dem Abflug nach Manaus werfen wir noch einen Blick in die Catedral Metropolitana. Ein helles weites Rund mit bunten Glasflächen empfängt uns, kein Pfeiler stört die Sicht. Ich spüre, wie hier die Gläubigen fröhlich singen, sich bewegen und frei atmen können, ohne sich vor einem strafenden Gott fürchten zu müssen. Nach verspätetem Abflug erreichen wir Manaus, 3° Grad südlich des Äquators. Es ist warm und schwül. Von dem ehemaligen Reichtum, den sich diese Stadt durch das Kautschukmonopol vor über 100 Jahren erwirtschaftet hat, ist kaum etwas übrig geblieben. Sehr viele Menschen sind auffallend ärmlich gekleidet. In den Behausungen, in der Unzahl der schlichten Verkaufsstände und der kleinen, fensterlosen Geschäfte spiegelt sich die Armut dieser Region wieder. Hier findet man keinen in Marmor ausgelegten Eingangsbereich wie in Barra (Stadtteil in Rio, in dem wir wohnten), keine Klimaanlage, kein pompöses Design, keine glitzernde Glasvitrinen. Das Lied "Wenn ich einmal reich wär" aus "Anatevka", das ich im Opernhaus, dem Teatro Amazonas, singen darf, passt zu den hier sichtbaren Lebensverhältnissen. Ob sich die auf dem Bananen - und Früchtemarkt am Hafen Arbeitenden den Luxus in unserem Hotel überhaupt vorstellen können? Das fragen wir uns am Abend, als wir am Swimmingpool entspannt Caipirinha trinken und am Morgen die Qual der Wahl am überquellenden Buffet haben.

Mittwoch, 4. Juni ´08
Um eine Stunde haben wir uns selbst betrogen, da wir vergessen hatten, auch den Wecker auf die neue Zeit umzustellen. Es ist erst 5 Uhr, aber an Schlaf ist nicht mehr zu denken. Wir fahren den o flussabwärts - unser Gepäck reist auf einem anderen Schiff - und passieren auf diesem bei unserer Abfahrt 9 km breiten Hauptverkehrsweg große Luxusliner mit Kabinen, als auch kleinere Schiffe, in denen man in selbst mitgebrachten Hängematten preiswert ins Mündungsgebiet des Amazonas gelangt, fahren an auf dem Grund verankerten Tankstellen für Schiffe vorbei, umgehen dümpelnde Grasinseln und dicht unter der Wasseroberfläche schwimmende Bäume, die eine ständige Bedrohung für die rege Schifffahrt darstellen. Schließlich erreichen wir den Mündungs-bereich des Rio Negro, dessen schwarzes Wasser sich mit dem gelb-grauen des Amazonas vermischt. Nach einem wohlschmeckenden Buffet in einem schwimmenden Restaurant geht es flussaufwärts. Wasserfall In der Ferne ziehen drohend tiefschwarze Wolken auf. Kaum sind zu unserem Schutz die Plastikplanen von dem Dach des Schiffes heruntergelassen, setzt der Mittagsregen ein. Nur 15 Minuten dauert das Schauspiel, aber was für Wassermassen prasseln in so kurzer Zeit auf uns nieder! "Wasser", sagte uns einmal unser brasilianischer Reiseführer, "haben wir im Überschuss und wenn wir an einen Strand gehen wollen, an dem es nicht regnet", fügte er schmunzelnd hinzu, "müssen wir nach Dubai fahren". Am späten Nachmittag erreichen wir unser Ziel, die im Regenwald liegende Ecopark Lodge. Unsere einstöckige, ca. 16 m² große Doppelhaushälfte - aus Holz natürlich, entsprechend dem ökologischen Gedanken, dem man sich hier verschrieben hat - erreichen wir über einen von Bäumen und dichtem Buschwerk begrenzten Fußweg. Telefon und Fernseher gibt es hier nicht.

Donnerstag, 5. Juni ´08
Höhepunkt dieses Tages ist die morgens beginnende 2 ½ Stunden dauernde Wanderung durch den tropischen Regenwald unter Führung eines Indianers und eines brasilianischen Reiseleiters. Wir betreten einen von Wurzelwerk übersäten, schmalen, ausgetretenen, schlüpfrigen Pfad. Umgestürzte Bäume versperren uns hin und wieder den Weg. Aber wir sind ja sportlich! Links und rechts eine Vielfalt von hohen Bäumen und Büschen, deren Namen uns größtenteils unbekannt sind. Armdicke Lianen umschlingen die Baumstämme oder fallen wie Seile von den Bäumen. Da stehen mächtige Baumriesen, die über mannshohe Brettwurzeln entwickelt haben, neben schlanken Palmen, an deren Früchte man nur mit aus Palmwedeln geflochtenen Steighilfen gelangt. Immer wieder wird uns gezeigt, wie man sich in so einem Dickicht orientieren kann und welche Überlebensmöglichkeiten es gibt. Beeindruckend für uns, die wir in einer ganz anderen Welt groß geworden sind, in der man Harz, Magnesium, Medikamente, Gummi und Gifte kauft, während der Regenwald diese Erzeugnisse kostenlos zur Verfügung stellt! Der Regen setzt ein. Wir hören, wie er auf das Blätterdach der Urwaldriesen fällt und sind froh nicht nass zu werden. Doch als der Himmel seine Schleusen erst richtig öffnet, als wolle er sich mit allen Mitteln in unser Gedächtnis eingraben - was ihm auch schließlich gelingt - da werden wir bis auf die Haut nass. Der anfangs noch begehbare Boden verwandelt sich in eine breiige Masse, unser Pfad nimmt das aus allen Richtungen kommende Wasser auf und wird zum Rinnsal oder zu einem kleinen Bach, den wir hin und wieder auf Baumstämmen balancierend überqueren müssen. Das gelingt uns auch, jedoch unser Schuhwerk wird förmlich vom humusreichen braunen Wasser durchtränkt. Wir nehmen es mit Humor, versuchen es zumindest, haben wir doch jetzt den wirklichen Regenwald kennen gelernt. Am Nachmittag fahren wir mit unserer trockenen Zweitgarnitur zu einem Indianerdorf. In einem großen aus Baumbus gefertigten, zeltartigen Gebäude tanzen für uns im Dorf lebende Indianer - jung und alt - nach den Klängen ihrer Holzinstrumente. Wenn ich bedenke, dass solche Auftritte und der Verkauf ihrer handgefertigten Erzeugnisse deren einzige Einnahmequelle ist, dann billige ich solch eine "Touriveranstaltung". Für mich ist interessanter, was ich von der indianischen Reiseleiterin erfahre. Hier leben 16 Menschen aus unterschiedlichen ethnischen Gruppen zusammen. Niemand aus diesem Dorf geht einer geregelten Arbeit nach. Die Kinder besitzen ihr eigenes Boot, mit dem sie zur Schule auf der gegenüberliegenden Seite des Rio Negro paddeln. Die Erwachsenen führen zwei unterschiedliche Leben: Zu Hause, wenn die Touristen nicht anwesend sind, laufen sie so gut wie unbekleidet umher, während sie zum Einkauf in Manaus, das sie nur per Boot erreichen können, Jeans und T-Shirts tragen, um nicht den ständig neugierigen Blicken der Stadtbevölkerung ausgesetzt zu sein.

Freitag, 6. Juni ´08
Während andere zum Fischen fahren, ziehen sieben Gleichgesinnte und ich das Naturerlebnis vor. Der Bootsführer stellt nach kurzer Zeit den Motor ab, und wir treiben lautlos in einen der vielen Nebenarme des Rio Negro, schauen und lauschen entspannt in die Natur hinein, genießen die angenehme Stille. Später halten wir bei dem Anwesen einer rüstigen 84jährigen Indianerin, über deren Lebensweise und den Anbau ihrer Nutzpflanzen wir informiert werden. Hunde, Hühner, Katzen sind neben einem kleinen Affen ihre einzigen Ansprechpartner, wenn nicht ihr Sohn zu Besuch kommt: ein authentisches Leben! In Plastikhüllen verstauen wir unsere noch völlig durchnässte Kleidung vom Vortage, die in dieser feuchtigkeitsbeladenen Luft natürlich nicht trocknen kann, ehe wir Abschied von dieser uns lieb gewordenen Naturidylle nehmen. Das Schiff bringt uns nach Manaus; dort startet die Maschine pünktlich nach Brasilia, von wo wir nach einem 3stündigen Zwischenaufenthalt unpünktlich nach Salvador do Bahia abheben. In unserem neuen Domizil, das uns für 3 ½ Tage aufnehmen wird, machen wir um 01 Uhr 40 das Licht aus, wissend, dass um 07 Uhr die Nacht wieder zu Ende ist, da uns ein neues Programm erwartet.

Samstag, 7. Juni ´08
120 km entfernt liegt unser Ziel, das wir mit einem Bus ansteuern. Wir fahren durch eine völlig andere Landschaft: weite Weideflächen, unterbrochen von vereinzelt stehenden Bäumen, Zuckerrohrmonokulturen, aufgegebene Kakaoplantagen, ärmliche Behausungen längs der Straße, ohne dass man von einer Ortschaft sprechen kann. Wir sind im Nordeste von Brasilien, eine Region, die früher einmal die Hochburg der Sklavenhaltung war und in der heute noch der Anteil der dunkelhäutigen Bevölkerung Brasiliens am höchsten ist. Das Problem ist die immense Anzahl der Landlosen, die sich zusammengeschlossen und widerrechtlich fremdes Land besetzt haben. An den Häusern, vor denen eine rote Fahne gehisst ist, erkennt man, wo sie sich niedergelassen haben. In Santo hält der Bus: Marktbesuch. Die Armut der Menschen ist nicht zu übersehen. Wasserfall Aber mit welch wohltuender Fröhlichkeit und Freundlichkeit sie uns begegnen, ohne sich aufzudrängen! Es riecht nach Fisch und Fleisch, es locken exotische Früchte, die uns ohne Kaufzwang zum Kosten angeboten werden, da werden Schubkarren mit landwirtschaftlichen Produkten durch die Menschenmenge gezwängt, brasilianische Musik ertönt aus den offenen Häusern, deren ehemaliger Reichtum an den jetzt vom Verfall bedrohten kunstvollen Fassaden abgelesen werden kann. Nach dem üppigen und sehr leckeren Mittagessen auf der Facienda St. Cruz steht in São Felix die Besichtigung der Zigarrenfabrik von Dannemann auf dem Programm. An Einzeltischen sitzend, rollen, wickeln und schneiden gut gekleidete junge Damen Zigarren und Zigarillos. Es ist reine Handarbeit!

Sonntag, 8. Juni ´08
Der Bus bringt uns zur Altstadt von Salvador, dem Pelourinho-Viertel. Die beiden im 18.Jahrhundert noch vor der Sklavenbefreiung gebauten barocken Franziskanerkirchen sind Spiegelbild des Reichtums der damals herrschenden weißen Bevölkerung, jedoch verkörpern sie architektonisch lediglich eine kulturelle europäische Importware. Imponierender ist schon die in hellblau gehaltene "Kirche unserer Frau des Rosenkranzes der Schwarzen", die von dunkelhäutigen Sklaven für Dunkelhäutige gebaut worden ist und deren Inneres durch afrobrasilianische Stilelemente auffällt. Wir folgen der Messe, die gerade zu Ende geht. Die Menschen sind fröhlich, bewegen sich tänzerisch zur Musik, ein Priester kommt an mir vorbei und besprüht mich, auf mein Gesicht zielend, mit Weihwasser. Er schaut mich an und lacht; seine natürliche Freude überträgt sich auch auf mich. Irgendwo habe ich gelesen, dass brasilianische Musik immer laut sei. Das empfinde ich auch so. Ob es die Kindertrommler sind, die in einer Nebenstraße des Pelourinho proben und unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, oder die Perkussionisten abends bei der Capoeira - Vorführung, die Musik erfordert schon Nervenstärke des Zuhörers, zieht ihn jedoch durch den Rhythmus in ihren Bann. Wir bewundern die Körperbeherrschung, die Sprungkraft und die Geschwindigkeit der Bewegungen der Capoeiristas, als uns der aus der Selbstverteidigung entstandene Kampftanz (Capoeira) präsentiert wird, und können uns der anschließenden Aufforderung, im Takt der Trommeln auf der Bühne mitzutanzen, nicht entziehen.

Montag, 9. Juni ´08
Zu sechst besteigen wir einen öffentlichen Bus und lassen uns in der Unterstadt absetzen. Unser Ziel ist der Mercado Modelo, in dem Souvenirs, Textilien und andere heimische Produkte angeboten werden. Ich interessiere mich für eine brasilianische Tischdecke, deren Preis nicht angegeben ist, ein Zeichen dafür, dass gehandelt werden muss. Da uns dieser Tag zur freien Verfügung steht, habe ich dafür viel Zeit. Zwei deutsche TT-Spielerinnen und mein Doppelpartner stehen mir mit Rat zur Seite, so dass ich nach langem Handeln zufrieden mit der Beute abziehe. "A good price for you, but not for me", sagt mir zum Abschied der junge Verkäufer und wir reichen uns nach gutem brasilianischem Brauch die Hand. Ich bin sicher, dass der Verkauf sich auch für ihn gelohnt hat. Ein letzter Gang in das Pelourinho-Viertel. Beim Juwelier H. Stern steht der Preis fest. Uns werden Smaragde, Turmaline, Edeltopase, Aquamarine und andere brasilianische Edelsteine gezeigt. Berauschend schön! Als die Verkäuferinnen den Preis nennen, stockt uns der Atem. Wir lassen uns Schmuck zeigen, der auch unserem Portemonnaie entspricht.

Dienstag, 10. Juni ´08
Unser letzter Tag! Kofferpacken, Sonnenbaden am Swimmingpool, Eindrücke verarbeiten, Erfahrungen austauschen. Als uns der Bus zum Flughafen bringt, freuen sich die meisten auf ihr Zuhause. Es beschleicht mich keine Wehmut, vielmehr werde ich vom Gefühl durchdrungen, etwas Besonderes erlebt zu haben. Ein letzter Blick durch die schmalen Fernster des Fliegers, wir heben ab, 6884 Km liegen bis Lissabon vor uns.
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